Colosseum – Live
Colosseum Live gilt als Meilenstein der Jazzrock- und Progressive-Rock-Liveplatten und genießt bis heute Kultstatus. Dieses Album ist ein wilder Ritt durch Jazzrock, Blues und britische Experimentierfreude.
Der Sound ist für eine Live-Aufnahme aus dem Jahr 1971 erstaunlich dynamisch, klar und transparent. Insbesondere die Energie der gesamten Band wird in langen, improvisationsreichen Versionen eingefangen. Stücke wie Rope Ladder to the Moon, Skellington und Tanglewood '63 gelten als absolute Highlights. Die Musiker zeigen sich technisch und künstlerisch auf einem Höhepunkt: Markante Orgelparts von Dave Greenslade schichten Orgel und Keyboards so, dass die Musik sich ständig verändert und lebendig bleibt. Ekstatische Gitarrenausbrüche von Dave Clempson sind ebenso prägend wie das Zusammenspiel der Saxophone von Dick Heckstall-Smith, der Linien in den Raum bläst, die dich fast anspringen. Dazu das kraftvolle Schlagzeugspiel von Jon Hiseman, der nicht einfach nur Schlagzeug spielt, sondern das Ganze wie aus dem Hinterhalt dirigiert. Chris Farlowe überzeugt mit seiner rauen, charismatischen Stimme und singt mit einer Leidenschaft, die heute fast altmodisch wirkt, aber genau deshalb so kraftvoll ist.
Colosseum Live zeigt eine Band, die damals schon wusste, dass ihre Zukunft nicht im Studio liegt, sondern auf der Bühne, wo alles größer, spontaner und gefährlicher wird. Wenn man Colosseum hört, spürt man sofort, dass hier Musiker stehen, die aus verschiedenen Welten kommen und sie mit purer Energie zu etwas Neuem verschmelzen. Die Magie steckt in dieser Mischung aus Struktur und Chaos.
Das Herzstück des Albums ist die Art und Weise, wie Colosseum improvisieren. Keine Showeinlage, kein endloser Jam um des Jamms willen, sondern echte Kommunikation. Besonders Lost Angeles ist ein perfektes Beispiel dafür, wie die Band einen Song auseinander nimmt, Stück für Stück neu zusammensetzt und ihn am Ende völlig anders wieder hinstellt, als er angefangen hat. Was dieses Album so stark macht, ist die Unvorhersehbarkeit. Man weiß nie genau, wohin ein Song abbiegt. Jede Wendung fühlt sich organisch an. Und immer wieder spürt man diesen britischen Humor, dieses leichte Augenzwinkern, das die Musik davor bewahrt, sich zu ernst zu nehmen.
Fazit:
Colosseum Live ist ein expressives, mitreißendes Dokument der Jazzrock-Ära und insbesondere für Liebhaber von Improvisationen und Live-Atmosphäre eines der besten Werke seines Genres. Die Platte besticht durch ihre Energie, Spielfreude und den Mut zur musikalischen Freiheit, ein echtes Paradestück für jeden anspruchsvollen Rock-/Jazz-Fan.
Album Info:
Titel: Live
Aufnahme: 18. März 1971 Manchester University und 27. März 1971 Big Apple, Brighton
Veröffentlichung: Juni 1971
Label: Bronze Records
Produktion: John Hiseman, Granada Mobile Studio und Lansdowne Studios, London
Format: Doppel-LP
Chart & Auszeichnungen: UK-Albumcharts Platz 17 (6 Wochen), Australien Platz 48, USA Platz 192 Billboard Charts
Genre: Progressive Rock, Jazz Rock
